Zielfahnder
STERN
DIE BLUTHUNDE
Ihr Job ist die gnadenlose Jagd auf Schwerkriminelle – notfalls bis ans Ende der Welt. Die Zielfahnder der Polizei kriegen fast jeden.
Wolfgang Metzner, STERN
Diese Geschichte war möglicherweise eine der am schwierigsten zu fotografierende für mich. Zum ersten Mal erlaubte das Landeskriminalant einem Journalisten-Team, ihre Zielfahnder zu begleiten. Diese Gruppe von speziellen Fahndern, die sowohl beim Bundeskriminalamt als auch den Landeskriminalämtern angesiedelt sind, und die ganz gezielt darauf ausgerichtet sind, untergetauchte Täter im Bereich der Schwerstkriminalität aufzufinden. Oftmals über Jahre, oftmals in weit entfernten Ländern.
Der Deal mit dem STERN war klar und eindeutig: Wir dürfen alles sehen, wir dürfen überall dabei sein, aber keiner der Fahnder, bis auf den Leiter der Abteilung, darf auf den Bildern erkennbar sein. Ein schwieriges Unterfangen, denn ein »Verpixeln« der Gesichter – bzw. den schwarzen Balken der vor-digitalen Zeit – empfand ich als die denkbar schlechteste fotografische Lösung, die man nur in Notfällen anwenden sollte. Also musste ich Ideen entwickeln. Allein für das Bild im Schießkeller des LKA bastelte ich stundenlang mit kleinen Blitzen und schwarzen Pappen eine Lichtsituation, um dann endlich ein einigermaßen spannendes Bild zu realisieren, auf denen die Gesichter in der Dunkelheit komplett verschwinden. Doch eigentlich gab es überhaupt nichts zu fotografieren. Obwohl es wirklich etwas Besonderes war, dieses Thema umsetzen zu dürfen, gab es für mich als Fotograf überhaupt nichts zu sehen: Die Fahnder saßen in ihren Büros vor ihren Computer, vor Akten, oder waren am Telefon. Und dass es »draußen« zum Einsatz kam, war äußerst selten, – es war quasi das Ergebnis dieser monatelangen Arbeit am Schreibtisch. Und diesen Einsatz hätte ich dann beinahe verschlafen.
Nach wochenlanger Fahndung hatte man endlich eine Spur von Klaus K., der wegen gemeinschaftlichen Bankraubs mit einer Pumpgun gesucht wurde. Der ein Drittel seines Lebens bereits im Gefängnis verbracht hat und nun wieder eine Spur des Verbrechens hinterlassen hat. Der weiße Porsche, mit dem Klaus K. auf der Flucht war, wurde in einem kleinen Ort in der Nähe von Bad Kreuznach entdeckt. Die Fahnder hofften, dass er irgendwann zu seinem Wagen zurückkehren würde und observierten diesen rund um die Uhr. Man akzeptierte, dass ich als Fotograf dabei sein dürfe – allerdings in einem eigenen Fahrzeug. Ich erinnere mich noch genau, wie wir die ganze Nacht direkt neben dem Friedhof des Ortes warteten – ich in meinem Leihwagen direkt hinter dem Fahrzeug eines der LKA-Beamten. Irgendwann gegen Morgen muss ich eingeschlafen sein. Plötzlich wurde ich durch einen heftigen Schlag gegen die Seitenscheibe aus dem Schlaf gerissen. Der Fahnder hatte wohl gesehen, dass ich eingenickt war, und sprang noch aus seinem Fahrzeug – »Zugriff, es geht los« – bevor er mit seinem Wagen losdonnerte. Aus dem Tiefschlaf heraus raste ich mit meinem Wagen hinter ihm her und sprang ebenso an der Stelle aus dem Auto, wo man gerade Klaus K. aus seinem Porsche gezogen hatte. Die Bilder entstanden dann ganz automatisch, in der Hoffnung, mich darauf verlassen zu können, dass alles stimmte, was ich vorher immer und immer wieder eingestellt und gecheckt hatte: Batterien, Blende, Zeit und Blitz. Die Gewissheit bekam man in der vor-digitalen Zeit immer erst nach der Entwicklung der Filme, manchmal erst nach ein paar Tagen. Waren mir die Bilder gelungen, oder hatte ich schlaftrunken alles vergeigt…?
THE BLOODHUNDS
Their job is to mercilessly hunt down serious criminals - to the ends of the earth if necessary. The police's target investigators catch almost everyone.
Wolfgang Metzner, STERN-Magazine
This story was probably one of the most difficult for me to photograph. For the first time, the State Office of Criminal Investigation allowed a team of journalists to accompany their target investigators. This group of special investigators, based at both the Federal Criminal Police Office and the State Offices of Criminal Investigation, are specifically tasked with tracking down offenders in the area of serious crime who have gone underground. Often for years, often in distant countries.
The deal with STERN-Magazine was clear and unambiguous: we were allowed to see everything, we were allowed to be everywhere, but none of the investigators, apart from the head of the department, were allowed to be recognisable in the pictures. A difficult endeavour, because I felt that »pixelating« the faces – or the black bars of the pre-digital era – was the worst possible photographic solution that should only be used in emergencies. So I had to develop ideas. For the picture in the shooting cellar of the Stae Office alone, I spent hours creating a lighting situation with small flashes and black cardboard in order to finally realise a reasonably exciting picture in which the faces disappear completely in the darkness. But there was actually nothing to photograph at all. Although it was really something special to be allowed to realise this story, there was nothing at all for me to see as a photographer: The investigators were sitting in their offices in front of their computers, in front of files, or were on the phone. And it was extremely rare for them to be out in the field – it was more or less the result of months of work at their desks. And I almost overslept this assignment.
After weeks of searching, we finally had a lead on Klaus K., who was wanted for joint bank robbery with a pump gun. He had already spent a third of his life in prison and had now left another trail of crime behind him. The white Porsche in which Klaus K. was on the run was discovered in a small town near Bad Kreuznach. The investigators hoped that he would return to his car at some point and kept it under surveillance around the clock. They accepted that I could be there as a photographer – but in my own vehicle. I still remember exactly how we waited all night right next to the village cemetery – me in my hire car directly behind the vehicle of one of the detectives. I must have fallen asleep sometime in the morning. Suddenly I was woken up by a violent knock on the side window. The detective had probably seen that I had dozed off and jumped out of his vehicle – "Access, here we go" – before he sped off in his car. Out of a deep sleep, I raced after him in my car and also jumped out of the car at the spot where Klaus K. had just been pulled out of his Porsche. The pictures were then taken automatically, in the hope that I could rely on everything being right that I had set and checked over and over again beforehand: batteries, aperture, time and flash. In the pre-digital era, you only got the certainty after the films had been developed, sometimes only after a few days. Had I succeeded with the pictures, or had I sleepily messed everything up...?